Die SPÖ befragt alle Mitglieder, wer die Person an der Spitze der Partei sein soll. Für uns ist klar: Die aktuellen Probleme werden, selbst wenn man den Vorsitz wechseln sollte, nicht von heute auf morgen verschwinden. Denn was es braucht, ist eine tiefgreifende inhaltliche Neuaufstellung. Nur so kann die Sozialdemokratie glaubwürdig wieder vom System zur Alternative werden.
Die Sozialdemokratische Partei ist eine stolze Partei, deren Wurzeln tief in der österreichischen Arbeiter*innenbewegung liegen. Ihr Gründungsziel war es, den Kapitalismus und damit die Ausbeutung der arbeitenden Bevölkerung zu beseitigen. An seine Stelle sollte ein sozialistisches Wirtschaftssystem gesetzt werden, in dem der gemeinsam erwirtschaftete Wohlstand auch fair verteilt wird.
An der grundsätzlichen Struktur dieser Ausbeutung hat sich seither nichts geändert. Im Gegenteil: Die Profite werden den Interessen von Menschen und Natur übergeordnet. Das sorgt nicht nur für unsägliches menschliches Leid, sondern führt zunehmend auch zur Zerstörung unserer Lebensgrundlage.
Zu oft hat die SPÖ aber in den vergangenen Jahren den eigenen Machterhalt über die inhaltliche Glaubwürdigkeit gestellt. Sie ist auch im Zuge dessen zu einer Partei ohne inhaltliche und ideologische Vision geworden. Eine Person, die an der Spitze der SPÖ steht, muss eine glaubwürdige Zukunftsperspektive jenseits der kapitalistischen Ausbeutung verkörpern.
Seit Jahrzehnten vergiften rechte Parteien den Diskurs mit rassistischer Hetze. Wir jedoch wissen: Die einzig wahre Grenze in unserer Gesellschaft verläuft nicht zwischen In- und Ausländern. Sie verläuft zwischen oben und unten. Die SPÖ muss daher eine Partei sein, die sich nicht mit Menschen anderer Herkunft, sondern mit den Reichen und Mächtigen anlegt. Dieses Grundprinzip – Politik von den Schwächsten in der Gesellschaft von unten nach oben zu machen – hat uns in der Vergangenheit stark gemacht und ist das Fundament für gute sozialdemokratische Politik.
Noch immer herrscht ein großes wirtschaftliches und gesellschaftliches Ungleichgewicht zwischen Frauen und Männern. Frauen sind häufiger von Armut betroffen und leisten noch immer einen Großteil der unbezahlten Arbeit, die auf lange Sicht vergesellschaftet werden muss. Dazu sind sie auch in gesellschaftlich relevanten Entscheidungspositionen wie in der Politik oder der Wirtschaft unterrepräsentiert – so sind nur rund 10% der österreichischen Bürgermeister*innen weiblich.
Die künftige Parteispitze ist gefordert, die Benachteiligung von Frauen in allen Bereichen des Lebens und somit auch innerhalb der Partei systematisch zu bekämpfen.
Große Meilensteine für die arbeitenden Menschen sind in der Geschichte Österreichs immer gegen den Widerstand der konservativen und rechten Kräfte durchgesetzt worden. Will die SPÖ in den kommenden Jahren eine wirkliche gestalterische Partei sein, muss die schwarz-blaue Mehrheit in Österreich durchbrochen werden.
Es gilt daher für die Partei das klare Ziel, neue Mehrheiten in Österreich herzustellen. Dies darf nicht nur ein Lippenbekenntnis sein, sondern muss mit einer konkreten Strategie verbunden werden.
Die SPÖ war immer dann stark, wenn viele Menschen in die Partei geströmt sind und durch ihre Impulse neuen Schwung und neue Debatten gebracht haben. Uns geht es darum, eine moderne Mitmach-Partei zu schaffen, auf die ihre Mitglieder wieder stolz sein können. Dazu gehört einerseits ein organisatorisches Reformpaket, die diese Dinge ermöglicht. Andererseits sollte ein wichtiger Grundsatz gelten: Große politische Entscheidungen, wie etwa die Vorsitzfrage oder die Zustimmung zu Koalitionsabkommen, sollten nicht im Hinterzimmer getroffen werden, sondern von der Gesamtheit der Parteimitglieder. Das ist die Zukunft einer modernen Sozialdemokratie in Österreich.