Demokratie und Teilhabe

Eine Demokratie lebt von der Beteiligung der Menschen. Österreich hat in dieser Hinsicht ein Problem. Immer mehr junge Menschen dürfen in Österreich nicht wählen, weil sie keine Staatsbürgerschaft haben. Und das, obwohl sie schon teilweise seit ihrer Geburt in Österreich leben. Besonders Jugendliche aus Arbeiter*innen familien sind davon betroffen. Wir setzen uns dafür ein, dass jede Person an der Demokratie in Österreich teilhaben kann – unabhängig davon, aus welchen Hintergründen sie abstammen!

DANN HOL' DIR HALT DIE STAATSBÜRGERSCHAFT?!

„Dann sollen sie doch die Staatsbürgerschaft beantragen.“ Jede Person, die dieses Thema schon einmal diskutiert hat, wird dieses Argument kennen. Es soll verdeutlichen, dass nicht die gesetzlichen Voraussetzungen, sondern die Betroffenen selbst daran „schuld“ sind, dass sie etwa nicht wählen dürfen. Doch das ist ein reines Ablenkungsmanöver. 

Denn die Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft ist mit absurden Hürden verbunden. Eine davon betrifft das verfügbare Einkommen. Hierbei geht es nicht nur, wie man annehmen könnte, darum, dass sich eine Person selbst versorgen kann. Im Gegenteil: Einer Person, die Staatsbürger*in werden möchte, muss nach Abzug von Fixkosten wie etwa der Miete oder Krediten ein Betrag von rund 1.000 Euro übrigbleiben. Das ist für viele Beschäftigte in schlecht bezahlten Branchen, etwa in der Reinigung oder bei Hilfsarbeiter*innen, nicht erreichbar.

Zum Vergleich: Auch 60% der Arbeiterinnen mit österreichischem Pass würden die Hürden nicht erfüllen. Dazu kommen horrende Gebühren, die bei der Antragstellung für die Staatsbürgerschaft fällig werden und sich bei mehrköpfigen Familien auf mehrere tausend Euro belaufen. 

WER IN ÖSTERREICH GEBOREN WIRD, IST ÖSTERREICHER*IN!

 

Österreichs Staatsbürgerschaftsrecht ist ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Staaten der Welt basiert die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft auf dem „Blutsrecht“. Das bedeutet, dass etwa in Österreich geborene Kinder nur dann die Staatsbürgerschaft erhalten, wenn auch ihre Eltern sie besitzen. Das führt dazu, dass viele junge Menschen nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, obwohl sie schon ihr ganzes Leben hier wohnen. Für uns ist klar: Wer in Österreich geboren wird, ist Österreicher*in. 

Paul Stich und Rihab Toumi protestieren mit eienm Glücksrad für eine Reform des Staatsbürgerschaftsrechts

DEMOKRATISCHE TEILHABE FÜR ALLE!

Wir sehen also deutlich: Die aktuelle Rechtslage zum Erlangen der österreichischen Staatsbürgerschaft zielt aktiv darauf ab, Menschen aus schlecht bezahlten Berufen systematisch auszuschließen. Die Folgen sind fatal. Ein immer größerer Teil vor allem junger Menschen darf nicht wählen und erfährt andere Benachteiligungen (so müssen Studierende mit einem Nicht-EU-Pass etwa Studiengebühren zahlen). 

Durch die Verunmöglichung des Erlangens der Staatsbürgerschaft gibt es in den urbanen Zentren Österreichs Gebiete, in denen die Hälfte der Bevölkerung nicht wahlberechtigt ist. Das sind untragbare Zustände, die in dieser Form zum letzten Mal vor der Einführung des Frauenwahlrechts herrschten. Um diese zu beenden, braucht es eine Reihe an verschiedenen Maßnahmen. Die Staatsbürgerschaft muss auch für jene Menschen zugänglich gemacht werden, die dieses Land jeden Tag am Laufen halten. Ebenso muss das Wahlrecht von der Staatsbürgerschaft entkoppelt und allen Menschen zugänglich gemacht werden, die ihren Lebensmittelpunkt dauerhaft in Österreich haben.